Heimisches Kulturerbe - Expertin warnt vor Verlust "großer Werte"

17. November 2017 - 9:55

Der Erhalt des Kulturerbes steht im Mittelpunkt der ersten Forschungskonferenz "Heritage Science Days" vom 22.-24. November in Wien. Vielerorts gestalte sich das Bewahren von Kunstschätzen aller Art jedoch immer schwieriger - Mittel und Bekenntnis dazu seien rar. "Wenn hier nichts passiert, werden wir große Werte verlieren", sagte die Mikrobiologin Katja Sterflinger zur APA.

Konsequenzen durch Klimawandel für Raumklima und die Bausubstanz
Konsequenzen durch Klimawandel für Raumklima und die Bausubstanz

Neben dem Fokus auf die vielfältige Forschung an sich wollen Wissenschafter und Restauratoren im Rahmen der Veranstaltung "betonen, dass wir sehr dringende Anliegen haben", so Sterflinger, die am Institut für Biotechnologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien arbeitet und sich auch intensiv mit Baudenkmalpflege auseinandersetzt. In Zeiten des Geldmangels in Wissenschaft und Kunst gelte es auch aufzuzeigen, wie es um die Zukunft der gerade für Österreich so wichtigen Kulturgüter bestellt ist.

Sterflinger wird im Rahmen der vom Kunsthistorischen Museum Wien (KHM), der Technischen Universität (TU) Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) veranstalteten Konferenz illustrieren, wie sich Entwicklungen im Zuge des fortschreitenden Klimawandels auf Kunstwerke und Kulturerbestätten auswirken könnten. "Es gibt ein paar 'Hard Facts', die wir akzeptieren müssen. Es wird größere Regenmengen geben und es wird heißer werden. Das wird Konsequenzen auf unser Raumklima und die Bausubstanz haben - natürlich nicht nur in Museen", so die Forscherin.

Mehr Wasserschäden erwartet

Durch die zu erwartende Zunahme der Hochwasser- und Überflutungsereignisse werden Gebäude von unten stärker durchnässt. Neben den Schäden, die direkt durch das Wasser an der Bausubstanz entstehen, sei in den heißeren Sommern mit stärkerer Austrocknung zu rechnen. Das Innenraumklima wird dadurch feuchter und die Objekte versalzen, da das Wasser Salze in die Wände einträgt.

Das verursacht Schäden und wirkt sich auf die Mikrobiologie aus. "Versalzte Objekte verfärben durch das Wachstum von Bakterien sehr stark. In Innenräumen wird die Pilz- und sicher auch Insektenproblematik stärker. Das heißt, es verschimmelt einfach mehr, und das sehen wir jetzt schon", sagte Sterflinger. Dem könne man nur mit baulichen Maßnahmen, wie etwa Hochwasser-Verbauung, oder guten Belüftungssystemen gegensteuern. Ein einfacher Luftentfeuchter pro Raum ist laut der Wissenschafterin sicher nicht der Weisheit letzter Schluss.

Beziffern könne man die notwendigen Summen nicht seriös. Für jede kulturelle Stätte müsse individuell überlegt werden, was zu tun ist. Bisher gebe es jedenfalls erst in wenigen Museen Notfallpläne, etwa für das Eindringen von Regenwasser.

Der Wassereinbruch in den Speicher der Albertina 2009 sei hier eine "löbliche Ausnahme" gewesen. Sterflinger: "Die Albertina hat ihren Tiefspeicher so sauber gehalten, dass es dort quasi keine Schimmelsporen gegeben hat, die sich vermehren hätten können." In den meisten anderen Depots sei dem aber nicht so - auch weil oft das Geld für die Reinigung fehle. Solche Einrichtungen wären wenige Tage nach einem Wassereintritt "zugeschimmelt", sagte die Biologin.

"Dann verlieren wir Werte, die in Zahlen nicht zu bemessen sind", es brauche "ein Commitment von der Politik, diese Dinge zu erhalten. Leider erleben wir im Moment ja eine andere Situation", so die Forscherin, die hier das Inkaufnehmen des Verlusts des Weltkulturerbestatus für die Wiener Innenstadt als Negativbeispiel anführt. Die UNESCO wird im Februar kommenden Jahres über eine Aberkennung entscheiden. Was damit an negativen Folgen einher gehen würde, könne man heute schwer einschätzen. "Das ist aber schon ein Schuss vor den Bug", so die Forscherin, die auch im Denkmalbeirat des Kulturministeriums tätig ist.

Anlass für die Initiative zu den "Heritage Science Days" ist der Aufbau einer europaweiten Forschungsinfrastruktur mit dem Titel "European Research Infrastructure for Heritage Science" (E-RIHS). An diesem Prozess sei Österreich bisher jedoch nicht direkt beteiligt, bemängeln die Veranstalter, die am Freitag (24. November) zu einer Diskussion mit u.a. der Rektorin der Akademie der bildenden Künste, Eva Blimlinger, KHM-Generaldirektorin Sabine Haag und dem Präsidenten des Wissenschaftsfonds FWF, Klement Tockner, laden.

Service: https://www.heritagesciencedays2017.at; www.e-rihs.eu

(APA/red, Foto: APA/APA (Albertina/Engelbrecht))

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