Forscher: Blumen und Hummeln kommunizieren elektrostatisch

20. Oktober 2017 - 11:10

Blumen verströmen nicht nur Wohlgeruch und sind hübsch gefärbt, um Insekten als Bestäuber anzulocken, sie teilen ihnen auch durch elektrostatische Ladungen mit, wie viel Nektar sie haben, erklärte Daniel Robert von der Universität Bristol (Großbritannien) der APA am Rande eines Symposiums in Wien. Er zeigte, dass Hummeln anhand von elektrischen Feldern der Blüten entscheiden, welche sie anfliegen.

Vom Strom gesteuert
Vom Strom gesteuert

"Wenn Hummeln über eine Wiese fliegen, sammeln sie aus der Atmosphäre positive Ladungen auf", sagte der Biologe. Diese "Aufladung" habe er mit Kollegen kürzlich messen können. Die Blüten hingegen sind negativ geladen, und haben, weil sie quasi geerdet sind, ein unendliches Reservoir an Elektronen (negative geladene Elementarteilchen) zur Verfügung. "Wenn eine Hummel in die Nähe einer Blüte kommt, interagieren die positiven und negativen elektrostatischen Felder der beiden, und es entstehen ein Coulomb-Feld und Coulomb-Kräfte", so Robert. Diese sind so stark, dass sie kleine Härchen am Rücken der Hummeln verbiegen, und somit von ihnen wahrgenommen werden können.

Von süßen und bitteren Blüten

Mit seinem Forschungsteam hat er Futterstellen aufgebaut, von denen manche negative Ladungen trugen und den Hummeln Zucker boten, und manche elektrisch ungeladen sowie mit Bitterstoff gefüllt waren. Nach kurzer Zeit hatten die Insekten gelernt, welche der künstlichen Blüten sie ansteuern mussten, um zu der süßen Nahrung zu kommen, und flogen in acht von zehn Fällen zu den mit Zucker bestückten Stationen, berichtet er. Drehten die Forscher hingegen den Strom ab, fehlte den Hummeln diese Vorab-Information und sie besuchten wieder gleich oft die süßen und bitteren "Blüten".

So wie es schon vor einiger Zeit für Gerüche gezeigt wurde, helfen die elektrischen Ladungen den Tieren auch, Farbnuancen besser zu erkennen. Sie sind also eine zusätzliche Lernhilfe, so Robert.

In der Natur sind die elektrostatischen Blüteninfos wohl dazu da, den Insekten den Nektar- und Pollen-Lagerstand anzuzeigen, vermutet er. Oft werden Blumen innerhalb kürzester Zeit von so vielen Bestäubern aufgesucht, dass sie ausgeplündert sind, wie ein Supermarkt vor dem langen Wochenende. Steht man als Konsument vor dem leeren Milchregal, ist man sauer und geht vielleicht nächstes Mal zur Konkurrenz.

Genau so fürchten Blumen, dass sie ihre Bestäuber vergrämen, wenn sie auf einmal nichts mehr zu bieten haben. Sie wollen verhindern, dass eine Hummel oder Biene ihren Artgenossen im Bau vortanzt, dass sie diese und jene Blüten umsonst angesteuert haben und diese fortan zu meiden sind. Doch die Pflanzen können weder prompt die Blütenfarbe und -form sowie Geruchsstoffe ändern, um ihren Lagerstand anzuzeigen, aber die elektrostatischen Ladungen verändern sich ohne großen Aufwand und in Sekundenschnelle, sagte der Forscher.

Ehrliche Kundenauskunft

Dies funktioniert praktisch von selbst, denn wenn eine positiv geladene Hummel beim Nektarsaugen und Bestäuben an der Blüte ankommt, nimmt sie Elektronen von ihr auf. Die Blume verliert dadurch bei jedem Besuch von ihrem elektrischen Feld. Wenn sie es irgendwie schafft, ihre Ladungen erst wieder aufzufrischen, wenn sie wieder ausreichend Nektar und Pollen vorrätig hat, kann sie ihren Kunden somit eine ehrliche Auskunft geben, wie viel sie zu bieten hat, meint Robert.

Das "Internationale Kerner von Marilaun Symposium 2017" wird von der Österreichischen Akademie der Wissenschaft (ÖAW) veranstaltet und findet heute, Freitag, in Wien statt. Wissenschafter berichten dort über neue Erkenntnisse zur Beziehung von "Insekten und Blumen".

Service: Programm des Symposiums: http://go.apa.at/PFjd4giz

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

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