Möglicher therapeutischer Ansatz für MS entdeckt

17. Oktober 2017 - 13:25

Von der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS) sind weltweit rund 2,5 Millionen Menschen betroffen. In Österreich leben rund 12.500 MS-Betroffene. Für die Behandlung stehen vor allem immunmodulatorische Arzneimittel zur Verfügung. Wissenschafter der MedUni Wien könnten jetzt ein neues Ziel für künftige Therapien entdeckt haben.

Tiermodell: Histon-Enzym offenbar entscheidend für Krankheitsentstehung
Tiermodell: Histon-Enzym offenbar entscheidend für Krankheitsentstehung

Die Wissenschafter der MedUni Wien unter der Leitung von Wilfried Ellmeier vom Institut für Immunologie haben in Kooperation mit nationalen und internationalen Gruppen in Japan, Deutschland und der Schweiz im Tiermodell entdeckt, dass die Familie der Histon-Deazetylasen (HDACs) bei der Entwicklung dieser Art von Autoimmunerkrankungen eine große Rolle spielt. Das menschliche Immunsystem basiert auf einem regen Informationsaustausch der Zellen untereinander, in dem auf fremde Keime oder krankhaft veränderte Zellen koordiniert reagiert wird. Dazu müssen die in den Zellen enthaltenen Informationen der DNA ausgelesen werden. Das wird oft über sogenannte "epigenetische" Prozesse (d.h. über den "Verpackungsgrad" der DNA) reguliert. Hier haben spezielle Enzyme eine maßgebliche Funktion, die Familie der sogenannten Histon-Deazetylasen (HDACs). Insgesamt gibt es 18 verschiedene HDACs. Sie bestimmen den "Verpackungsgrad", also wie effizient die Information gelesen werden kann.

HDAC-Familie spielt bedeutende Rolle

Wird der "Verpackungsgrad" aufgelockert, kann die DNA leichter ausgelesen werden, wodurch die Produktion einer Vielzahl von Proteinen (Eiweißmolekülen) gesteuert wird. Zusätzlich können HDACs auch die Aktivität und Funktion von Proteinen regulieren. Dies führt in der Folge zu einer Erhöhung der Zellaktivität und Anregung der Kommunikation zwischen den Immunzellen. Im Immunsystem macht sich eine erhöhte Zellaktivität während einer Immunantwort vor allem durch ein verstärktes Auftreten von speziellen Immunabwehrzellen, den T-Zellen (T-Lymphozyten) bemerkbar. Das Ausmaß einer Immunreaktion wird dabei durch die HDAC-Familie reguliert.

Die Wissenschafter - beteiligt waren in Wien auch Experten der Universitätsklinik für Innere Medizin III im AKH, das Zentrum für Anatomie und Zellbiologie das CeMM (Forschungszentrum für Molekulare Medizin) - konnten in einer vom FWF und der EU geförderten Studie feststellen, dass sich bei Mäusen, bei denen HDAC1 in den T-Lymphozyten durch einen "molekularen Trick" ausgeschaltet wurde, die Experimentelle autoimmune Enzephalomyelitis (EAE) nicht ausbildet. Diese im Tiermodell auslösbare Erkrankung gilt als Pendant zur Multiplen Sklerose beim Menschen. Die Ergebnisse der Studie wurden nun im "Journal of Autoimmunity" veröffentlicht. "Allerdings ist uns noch nicht bekannt, welcher genaue Mechanismus dahinter steckt, der diesen schützenden Effekt bewirkt.", wurde Ellmeier in einer Aussendung der MedUni Wien zitiert. "Die molekularen Details wollen wir nun in Folgestudien herausfinden."

Bei bestimmten Tumor-Arten bereits eingesetzt

Gewisse Breitbandinhibitoren der HDAC Moleküle werden auch bereits bei der Behandlung von Patienten und Patientinnen bei bestimmten Tumor-Arten eingesetzt. Dabei wird der Tumor direkt bekämpft - es kommt in den meisten Fällen zu einer Tumorschrumpfung. Viele präklinische Studien im Tiermodell weisen darauf hin, dass HDAC-Inhibitoren auch bei Immunsystem-bedingten Erkrankungen, wie eben Autoimmunerkrankungen, wirksam sein könnten. Es gibt aber auch erhebliche Nebenwirkungen.

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa/IEMM))

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