Sprachliche Vielfalt stabilisierte das Römische Reich

28. August 2017 - 10:55

"Die kulturelle und intellektuelle Selbstständigkeit der Völker hat in der Antike zur Stabilität des Römischen Reiches beigetragen", erklärte Thomas Corsten vom Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik der Uni Wien gegenüber der APA. Ab heute (28. August) widmet sich ein Kongress dem Verhältnis zwischen den diversen inschriftlichen Kulturen.

Kongress beleuchtet griechisch-römische und regionale Schriften
Kongress beleuchtet griechisch-römische und regionale Schriften

"Sprachen - Schriftkulturen - Identitäten der Antike" lautet der Titel des diesjährigen Internationalen Kongresses für Griechische und Lateinische Epigraphik. Die Disziplin der Epigraphik erforscht Inschriften in griechischer und lateinischer Sprache aus der antiken griechisch-römischen Welt. Um ein Gesamtbild der Kulturgeschichte der Antike zu gewinnen, müssten jedoch auch regionale Sprachen und Schriftsysteme einbezogen werden, darunter Keltisch, Punisch, Etruskisch und Ägyptisch sowie einige kleinasiatische und semitische Sprachen, heißt es in einer Aussendung der Uni.

Eigene Sprache fördert kulturelles Selbstbewusstsein

Diese hätten aufgrund der Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Religionen vonseiten der Machthaber im Römischen Reich weiterexistieren können und so eine stabilisierende Funktion ausgeübt, so Corsten. Denn die Benutzung einer eigenen Sprache innerhalb eines Vielvölkerstaates, wie es das Römische Reich war, trage zwar zum Selbstbewusstsein einer Gemeinschaft bei, allerdings weniger in politischer als vielmehr in kultureller Hinsicht, meinte der Experte. "Das zeigte sich zunächst in Italien selbst, das ja erst im Laufe des 3. Jh. v. Chr. unterworfen und in den Machtbereich Roms eingegliedert wurde."

Die alt-italischen Sprachen seien als Ausdruck kultureller Eigenständigkeit noch lange verwendet worden und über Inschriften erhalten geblieben. Ähnliches ließe sich in Kleinasien, also etwa der heutigen Türkei, während der Kaiserzeit beobachten: Dort hätten die einheimischen Sprachen und verschiedenen griechischen Dialekte vom 1. bis zum 3. Jh. n. Chr. sogar eine neue Blüte erlebt, indem sie - nach jahrhundertelanger Pause - in manchen Gegenden wieder in Inschriften benutzt worden seien, so Corsten.

400 Wissenschafter zu Kongress erwartet

"Inschriften entwickelten sich in der Antike zum Medium par excellence für politisch-gesellschaftliche Diskurse. Und das zu so unterschiedlichen Themen wie Herrschaftslegitimation, Definition und Hierarchisierung sozialer Gruppen, Funktion und Selbstrepräsentation der Eliten, Erinnerungskultur oder Identität", unterstreicht Kongress-Mitveranstalter Fritz Mitthof die Bedeutung der Quellentexte. Neben den monumentalen, zumeist auf Stein oder Bronze verewigten Dokumenten werden bei der Veranstaltung auch mit Griffel eingeritzte (Graffiti) oder mit Pinsel gemalte Kurzmitteilungen (Dipinti) behandelt. Insgesamt wird die Teilnahme von etwa 400 Wissenschaftern auf dem Gebiet der antiken Inschriftenkunde erwartet. Der Kongress findet nach 1962 zum zweiten Mal in Wien statt.

Service: Kongressprogramm: https://epicongr2017.univie.ac.at/home/

(APA/red, Foto: APA/APA (AFP))

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