Stark bewaffnete Bakterien besiegen größere Fressfeinde

17. August 2017 - 20:10

Nicht erst die Menschen, sondern schon simple Mikroben haben schwere Waffensysteme erfunden: Bakterien wehren sich mit Batterien von spieß-ähnlichen Stoßwaffen gegen ihre Fressfeinde, fanden Forscher aus Österreich und der Schweiz heraus. Durch eine spezielle Struktur können diese Spieße schnell ausgefahren werden und sind daher äußerst effektiv, berichten sie im Fachmagazin "Science".

Spieße können bei Bedarf extrem schnell ausgefahren werden
Spieße können bei Bedarf extrem schnell ausgefahren werden

Bakterien müssen sich vor Amöben in Acht nehmen, denn diese fangen sie gerne mit ihren Scheinfüßchen, verschlingen und verdauen sie, erklärten die Forscher um Matthias Horn vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien in einer Aussendung. Vor kurzem hatten sie allerdings eine Bakterienart (Amoebophilus) entdeckt, deren Vertreter im Inneren der Amöben überleben und sich dort sogar rege vermehren. Gemeinsam mit Schweizer Kollegen beschrieben sie nun ein gefinkeltes Waffensystem der Amoebophilus-Bakterien, das ihnen dies wohl erst ermöglicht.

An ihren Außenhüllen (Membranen) sind sechskantige Grundplatten verankert, von denen eine röhrenförmige Scheide ins Innere der Bakterien ragt. Darin steckt ein mit einer Spitze bewehrter Stab, der bei Bedarf rasch nach außen gestoßen werden kann. Das Scheidenrohr steht nämlich unter einer Vorspannung, und wenn es sich zusammenzieht, wird der Spieß darin extrem schnell durch die Bakterienmembran gedrückt, so die Forscher. Diese Spieße sind stets in Batterien von teils über dreißig Waffensystemen angeordnet, berichten sie im Fachartikel. Manchmal besitzen die Mikroben bloß eine solcher Batterie, meist aber sogar zwei.

Giftgetränkte Spitzen

Diese Waffen kommen zum Einsatz, wenn die Bakterien bereits von den Amöben verschlungen wurden und in einer durch eine Membran umhüllte Verdauungsorganelle eingeschlossen sind. Dann fahren sie wohl ihre Waffen aus und zerstören diese Membran entweder durch simple mechanische Gewalt, oder vielleicht sogar mit giftgetränkten Spitzen. "Denkbar ist, dass sie mit membran-abbauenden Enzymen getränkt sind, denn im Erbgut der Bakterien sind die Bauanleitungen dafür vorhanden", sagte Han-Fei Tsao, Jungforscher in Horns Team.

Durch solche Attacken drehen die Bakterien den Spieß um und werden nicht von den Amöben verdaut, sondern können außerhalb ihres Verdauungssystems gemütlich überleben und sich sogar dort vermehren. Die Bauanleitungen (Gene) dieser mehrläufigen Waffensysteme haben große Ähnlichkeiten mit den Injektionssystemen von Bakteriophagen, das sind Viren, die Bakterien befallen, berichten die Forscher. "Wir gehen davon aus, dass sich diese Gene von Vorläufern heutiger Bakteriophagen vor langer Zeit ins Erbgut der Bakterien eingenistet und als Verteidigungssystem gegen Amöben umfunktioniert haben", erläuterte Horn.

Service: http://dx.doi.org/10.1126/science.aan7904

(APA/red, Foto: APA/Leo Popovich)

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