Schulautonomie: Eltern gegen "abgehobenes Schreibtischpapier"

27. April 2017 - 13:25

Die Lehrer- und Elternvertreter machen weiter gegen das Schulautonomiepaket der Regierung mobil. Für den Vorsitzenden des Bundeselternverbands an den mittleren und höheren Schulen, Gernot Schreyer, ist der Gesetzesentwurf "ein abgehobenes Schreibtischpapier, dem die Erdung fehlt". Die Lehrer befürchteten bei einer Pressekonferenz "Verteilungskämpfe".

Man könne nicht beginnen, innerhalb des Systems umzuverteilen
Man könne nicht beginnen, innerhalb des Systems umzuverteilen

Schreyer bemängelte die nicht ausreichende Einbindung der Schulpartner und fühlte sich an die Verschiebung der Einführung der Zentralmatura und der Neuen Oberstufe erinnert. Von Eltern- und Lehrerseite werde der Nutzen des Pakets nicht erkannt: "Die Vermutung ist daher angebracht, da ist auch keiner drin." Dafür würden die geplanten Maßnahmen "von sehr viel Marketingarbeit begleitet": "Da wird schon Werbung gemacht mit Broschüren, obwohl das Gesetz noch nicht einmal im Nationalrat ist."

Einführung eines Sozialindex "durch die Hintertür"

Konkret stört die Eltern neben der Freigabe von Klassenschüler- und Teilungszahlen auch der mögliche zwangsweise Zusammenschluss von Schulen in Clustern sowie die Einführung eines Sozialindex "durch die Hintertür". Natürlich brauche es an Brennpunktschulen mehr Mittel, aber diese dürften nicht einfach von anderen Einrichtungen abgezogen werden. "Man kann nicht beginnen, innerhalb des Systems umzuverteilen", so Schreyer. Das sei auch das Problem mit der vom Ministerium versprochenen Ressourcengarantie: "Wir brauchen mehr Geld."

Sämtliche im Reformpaket angeführten angeblich neuen Möglichkeiten wie Frühbetreuung, das Blocken von Unterrichtsstunden oder das Abgehen von Teilungszahlen gebe es auch im derzeitigen System schon, so die Eltern- und Lehrervertreter. "Wir haben jetzt schon als Schulpartner an der Schule die Freiheit, Gruppengrößen verändern zu können - aber wir haben dafür einen Rahmen", so der Vorsitzende der BMHS-Lehrergewerkschaft, Roland Gangl. Wenn die Vorgaben für die Eröffnung und Teilung von Gruppen ganz aufgehoben würden, befürchtet er "Verteilungskämpfe innerhalb des Lehrkörpers": "Weil jeder hat Gründe, warum er eine kleinere Gruppe haben will."

Sein Pendant von der AHS-Lehrergewerkschaft, Herbert Weiß, befürchtet Einschränkungen bei den Freifächern, um Gruppen erhalten zu können. Das werde wiederum zu einer Verminderung der dort stattfindenden Begabungsförderung führen.

Gehe bei Clustern nur um Einsparen von Direktoren

Die Direktorin des BORG Mistelbach, Isabella Zins, sah "keine pädagogischen Gründe für Verclusterungen, sondern rein organisatorische". Ihre eigene Schule sei schon jetzt in einem Verbund mit drei berufsbildenden Schulen. Zusammenarbeit in Bezug auf Räumlichkeiten und Ähnliches würde jetzt schon möglich sein, anderweitige Synergien etwa zwischen einem Gymnasium und einer Handelsakademie seien kaum möglich. "Es geht da nur ums Einsparen eines oder mehrerer Direktorenposten - erst dadurch wird Gestaltungsspielraum geschaffen."

Mit Kollegen habe sie das Gesetzespaket auf zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten von Schulen durchsucht. "Wir haben kaum etwas gefunden", meinte Zins. Man könne schon jetzt Unterrichtseinheiten blocken oder etwa einen Science Day veranstalten. "Mehr geht auch künftig nicht, weil ja die 50-Minuten-Stunden als Verrechnungseinheit erhalten bleiben sollen." Sie fordert eine reine Freiwilligkeit der Clusterbildung. Ganz generell sieht Zins die Reform falsch angegangen. "Wir brauchen keinen übergeordneten Verbund, sondern ein mittleres Management."

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

tutor18

Studium.at Logo

© 2010-2021  Hörsaal Advertainment GmbH

Kontakt - Werbung & Mediadaten - Datenschutz - Impressum

Studium.at versichert, sämtliche Inhalte nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und aufbereitet zu haben.
Für etwaige Fehlinformationen übernimmt Studium.at jedenfalls keine Haftung.