Pferd in Staubwolke: Forscher wiesen Existenz von Quasiteilchen nach

28. Februar 2017 - 9:55

Nur mit umfangreichen Computersimulationen lässt sich berechnen, wie in einer Lösung ein Molekül mit den umgebenden Atomen interagiert. Zur Vereinfachung haben Forscher des Institute of Science and Technology (IST) Austria vor zwei Jahren das Konzept eines Quasiteilchens vorgeschlagen. Nun konnte dessen Existenz nachgewiesen werden, hieß es im Fachjournal "Physical Review Letters".

Künstlerische Darstellung eines Angulons
Künstlerische Darstellung eines Angulons

Zur Beschreibung eines Systems, das aus einer Vielzahl von miteinander wechselwirkenden Teilchen besteht, bedienen sich Physiker oft eines speziellen Tricks: Sie führen sogenannte Quasiteilchen ein. Anstatt das Verhalten jedes einzelnen Teilchens zu beschreiben, betrachten sie ihren kollektiven Zustand so, als würden sie gemeinsam ein neues Teilchen bilden.

Der Physiker Mikhail Lemeshko vom IST Austria in Klosterneuburg (NÖ) untersucht, wie Moleküle in einer Lösung rotieren. Er vergleicht dies mit einem galoppierenden Pferd, das in eine Wolke aus aufgewirbelten Staub eingehüllt ist. Statt die zahllosen Staubkörner einzeln und das Pferd in einer Simulation zu beschreiben, konstruiert er quasi ein Teilchen, das aus dem Pferd und dem sich mitbewegenden Staub besteht. Mithilfe eines solchen Quasiteilchens lassen sich die Abläufe viel leichter verstehen und berechnen.

Experimentelle Daten untersucht

Für rotierende Objekte, die mit ihrer Umgebung interagieren, konzipierte Lemeshko gemeinsam mit Richard Schmidt von der Harvard University 2015 Quasiteilchen, die sie "Angulon" nannten. Die Wissenschafter haben nun experimentelle Daten untersucht, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten in unterschiedlichen Laboratorien gesammelt wurden. Dabei wurde beobachtet, wie verschiedene Moleküle, etwa Methan, Wasser, Kohlendioxid oder Ammoniak, in kleinen Tropfen aus superflüssigem Helium rotieren. Es zeigte sich, dass die mit Hilfe der "Angulonen" getätigten Vorhersagen immer im Einklang mit den Beobachtungen standen.

"Unser Ansatz vereinfacht das Problem sehr stark: statt zwei Moleküle mit Millionen von Atomen zu berücksichtigen, muss man nur die beiden Quasipartikel beachten - das ist als wäre gar kein Lösungsmittel vorhanden, sondern nur die zwei Moleküle", sagte Lemeshko zur APA. Die Forscher gehen davon aus, dass dies in weiterer Folge zu Anwendungen in der Molekularphysik, theoretischer Chemie und Biologie führen könnte.

Service: http://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.118.095301

(APA/red, Foto: APA/IST Austria)

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