Warum Säugerzellen hitzeempfindlich sind und manche Bakterien nicht

23. Februar 2017 - 20:10

Es gibt Bakterien, die gedeihen in heißen Quellen. Aber für menschliche Zellen werden bereits Temperaturen ab 44 Grad kritisch. Forschende der ETH Zürich haben herausgefunden, was hinter der Toleranz oder Sensibilität gegenüber Hitze steckt.

Unterschiedliche auf Hitze reagierende Organismen wurden untersucht
Unterschiedliche auf Hitze reagierende Organismen wurden untersucht

Die Milchhaut auf dem heißen Kakao oder das geronnene Ei in der Pfanne: Hinter beiden Alltagsphänomen steckt zu einem Teil das Denaturieren von Proteinen. Diese verlieren dabei irreversibel ihre dreidimensionale Struktur und verklumpen miteinander. Das passiert auch in lebenden Zellen, wenn sie auf Temperaturen jenseits ihres Toleranzbereichs erhitzt werden. Dadurch sterben sie ab.

Forschende um Paola Picotti von der ETH Zürich haben das Phänomen bei Organismen untersucht, die unterschiedlich sensibel auf Hitze reagieren: bei menschlichen Zellen, dem Darmbakterium Escherichia coli, Hefezellen und dem hitzetoleranten Bakterium Thermophilus. Dabei analysierten sie Menge und Struktur von 8.000 verschiedenen Proteinen in den Zellen bei unterschiedlichen Temperaturen bis zu 76 Grad Celsius, wie die ETH kürzlich mitteilte.

Langjährige Annahme widerlegt

So gelang es den Forschenden, eine langjährige Annahme zu widerlegen: Man ging bisher davon aus, dass alle Proteine in einer Zelle beim Erhitzen über die kritische Temperaturschwelle auf einen Schlag denaturieren. Wie Picotti und ihre Kollegen nun im Fachblatt "Science" berichten, ist dem nicht so.

Beim schrittweisen Erhitzen ging demnach zuerst nur ein kleiner Teil der Proteine kaputt. Dafür aber die wichtigsten. "Sobald diese Schlüsselkomponenten ausfallen, kann die Zelle nicht weiterleben", erklärte Picotti.

Auf den ersten Blick scheint das wie ein Fehler der Evolution, die wichtigsten Komponenten am empfindlichsten auf Hitze reagieren zu lassen. Ihre Instabilität sei aber Folge der Tatsache, dass diese Proteine sehr flexibel sind und vielfältige Aufgaben in der Zelle erledigen, schrieb die ETH. "Flexibilität und Stabilität schließen sich gegenseitig aus. Die Zelle muss da einen Kompromiss eingehen", so Picotti.

Häufiges Vorkommen von hitzestabilsten Proteinen

Die hitzestabilsten Proteine waren gemäß der Studie hingegen diejenigen, die auch am häufigsten in den Zellen vorkommen. Das mache Sinn, schrieb die ETH: Denn wäre es umgekehrt, dass diese häufigsten Proteine als erste denaturierten, müsste die Zelle viel Energie aufwenden, sie bei Hitzeschaden zu entsorgen und Nachschub zu produzieren.

Dass das Bakterium Thermophilus anders als beispielsweise das Darmbakterium E. coli selbst Temperaturen über 70 Grad aushält, liege daran, dass dieser einzellige Organismus insbesondere die hitzeempfindlichen Proteine stabilisiert hat, erklärte Picotti. Und zwar durch eine angepasste Proteinsequenz. So bleiben sie auch bei hohen Temperaturen funktionsfähig.

Diese Erkenntnis könnte auch für die biotechnologische Industrie nützlich sein: Beispielsweise um Bakterien, die gewisse Chemikalien wie Ethanol erzeugen, unempfindlicher zu machen. So ließe sich allenfalls der Ertrag steigern.

(APA/red, Foto: APA)

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