Bildungsexpansion kann zunächst zu Ungleichheit führen

22. Februar 2017 - 10:10

Seit den 70er Jahren ist das Ausmaß an Bildungsungleichheit global gesunken. Eine Bildungsexpansion - also das Erreichen immer höherer Abschlüsse - kann aber dazu führen, dass zunächst die Ungleichheit steigt, zeigt eine Studie der Ökonomin Petra Sauer von der Wirtschaftsuniversität (WU). Das ist etwa der Fall, wenn manche Gesellschaftsgruppen zuerst von bildungspolitischen Maßnahmen profitieren.

Sozialer Status ist noch immer von hoher Bedeutung
Sozialer Status ist noch immer von hoher Bedeutung

Bildungsexpansion hat dabei verschiedene Dimensionen: Geht es etwa in vielen Entwicklungsländern um das Erreichen von zumindest Grundschulabschlüssen, zeigt sich der Trend zu immer höherer Bildung in den OECD-Staaten im Anstieg der Hochschulabschlüsse. Für ihre Studie untersuchte Sauer vom Forschungsinstitut Economics of Inequality der WU die globale Verteilung von Bildung anhand eines Datensatzes mit Angaben über Alter, Geschlecht und Bildungsniveau verschiedener weltweiter Populationen.

Äußerst ungleich ist Bildung in afrikanischen und südasiatischen Ländern verteilt, wo der Großteil der Bevölkerung höchstens die Pflichtschule abschließt und nur wenige einen Hochschulabschluss vorweisen können. In den OECD-Staaten herrscht demgegenüber relative Gleichheit, weil die Mehrheit zumindest einen Abschluss der Sekundarstufe (in Österreich: Matura, Lehre) aufweist.

Global geringere Ungleichheit

Seit den 1970er Jahren hat sich die Ungleichheit aber global verringert - allerdings für bestimmte Bevölkerungsgruppen zunächst mit Verzögerung. "Die Bildungsungleichheit steigt im Zuge der Bildungsexpansion, solange es spezifische Gruppen in der Gesellschaft gibt, die zuerst von bildungspolitischen Maßnahmen profitieren", so Sauer in einer Aussendung.

Das gilt zunächst logischerweise für die unterschiedlichen Alterskohorten: Im Zuge einer Bildungsexpansion weisen Junge früher ein höheres Bildungsniveau auf als die Elterngeneration. Als drastischstes Beispiel nennt Sauer Südkorea, wo mittlerweile die Hälfte der 30-Jährigen über einen Hochschulabschluss verfügt.

In vielen Teilen der Welt zeigte sich aber auch, dass zunächst primär die jungen Männer profitierten - etwa in vielen afrikanischen Ländern bis 1990. Umgekehrt schafften aber in einigen lateinamerikanischen Staaten - darunter auch Argentinien und Brasilien - schon seit Beginn der 1980er Jahre junge Frauen höhere Abschlüsse als gleichaltrige Männer. In Europa ist das seit den 1990er Jahren vor allem im Norden der Fall. Spielt das Geschlecht heutzutage eine geringere Rolle, ist nach wie vor der Einfluss des ethnischen Hintergrunds sowie des sozioökonomischen Status auf die Bildungschancen hoch.

Sauer leitet aus ihren Daten auch einige Empfehlungen für die Bildungspolitik ab. So lange es Ungleichheiten in einer Gesellschaft gebe, würden bestimmte Gruppen von Maßnahmen stärker profitieren. Eine Ausweitung der Schulpflicht verlängere unter Umständen nur die Bildungsdauer jener Gruppen, die ohnehin bereits im System integriert sind, nennt Sauer ein Beispiel. Eine Reduktion des Schüler-Lehrer-Verhältnisses wiederum könne Ungleichheiten verstärken, wenn so Qualitätsunterschiede zwischen Schulebenen bzw. -typen erhöht werden. "Verkleinert man Klassen, Lerngruppen etc. zum Beispiel ausschließlich im Sekundarschulbereich, erhöht sich die Ungleichheit gegenüber jenen, die nur die Pflichtschule absolvieren", erklärte die Studienautorin.

Service: http://go.apa.at/EXkHuydw

(APA/red, Foto: APA/APA (dpa))

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