Männer im Kindergarten: "Starke Beharrungstendenzen" als Hindernis

30. Dezember 2016 - 10:50

"Starke Beharrungstendenzen sowohl im System der Kinderbetreuung als auch im System der Gleichstellungspolitik" ortet eine Studie als Hindernis für den Einsatz von mehr männlichem Personal im Kindergarten. Unter anderem gebe es Vorbehalte aus der Frauenförderung wegen möglicher Konkurrenz um Leitungsfunktionen, aber auch des weiblichen Personals in den Kindergärten.

Männer könnten Frauen "Leitungspositionen streitig machen"
Männer könnten Frauen "Leitungspositionen streitig machen"

Derzeit liegt der Anteil des männlichen Personals in Kinderbetreuungseinrichtungen unter zwei Prozent. Im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts analysierten Wissenschafter der Universität Innsbruck "Strategien zur Erhöhung des Männeranteils", dessen Ergebnisse Bernhard Koch für die Fachzeitschrift "Erziehung & Unterricht" zusammenfasste.

600 Fachleute befragt

Unter anderem befragten die Forscher fast 600 Expertinnen und Experten aus den Gebieten Elementarpädagogik, Bildung und Geschlechterpolitik in Anlehnung an Frauenfördermaßnahmen zu "Männerförderung im Berufsfeld Kindergarten". Drei Viertel sprachen sich dabei für Männerförderungspläne, spezielle Männerkurse und Männerförderung bei Ausschreibungstexten aus, die Hälfte war für finanzielle Anreize zur Beschäftigung von Männern.

Umgekehrt befürchtete aber auch die Hälfte der Befragten aus dem Bereich Frauenförderung Karrierenachteile für Frauen. Sie bejahten die Aussage "Wenn mehr Männer im Kindergarten arbeiten, würden sie Frauen Leitungspositionen streitig machen. Das sehe ich schon als Problem." Personen aus der Frauenpolitik waren generell weniger für Männerförderung zu gewinnen als Elementarpädagogik-Experten.

In den Interviews stießen die Forscher auf Skepsis: Eine Gleichstellungsexpertin habe zwar etwa grundsätzlich für mehr Männer im Kindergarten plädiert - finanzielle Mittel sollten dafür aber nicht eingesetzt werden, da es für den Berufsbereich "kein Zugangsproblem" gebe, heißt es im Beitrag. Generelles Problem: "Personen, die als EntscheidungsträgerInnen für geschlechterpolitische Maßnahmen zur Erhöhung des Männeranteils in Kindergärten gelten können, wurden in der Regel viele Jahre von der Frauenpolitik begleitet. Diese Personengruppe definiert, was Gleichstellungspolitik bedeutet, setzt die Regeln des Diskurses und hat Einfluss darauf, in welche Richtung Maßnahmen ergriffen oder nicht ergriffen werden."

Vorbehalte des weiblichen Personals

Kindergartenleiterinnen wiederum wünschten sich fast durchgehend mehr Männer. Allerdings sahen rund 40 Prozent Vorbehalte des weiblichen Personals. In einem Interview hieß es etwa: "Da gibt es schon auch Schwierigkeiten mit einem reinen Frauenteam. Nicht alle wollen einen Mann." Diese Skepsis betraf allerdings primär Männer, die ohne Fachausbildung als Helfer einsteigen wollten. Generell ließ sich sagen, dass die Leitungskräfte Maßnahmen, die außerhalb des eigenen Wirkungsbereichs lagen, fast durchgehend zustimmten ("Kindergarten und Träger sollen sich dafür einsetzen, mehr Männer zu gewinnen"; 98 Prozent), das eigene Tun sah dagegen anders aus ("Ich habe schon etwas unternommen"; 28 Prozent).

Als Maßnahmen zur Erhöhung des Männeranteils werden etwa finanzielle Anreize für Ausbildungseinrichtungen zur Erreichung einer "Männerquote", die Änderung von Gleichstellungsgesetzen, Männerförderpläne, am Männeranteil orientierte Personalkostenzuschüsse, eine finanzielle Unterstützung des Zivildienstes in Kindergärten sowie AMS-Kurse "Männer in die Erziehung" vorgeschlagen. Außerdem sollten die BAKIPs und die Pädagogischen Hochschulen ihre Außendarstellungen ändern, die Elementarpädagogik stärker an Hochschulen verankert sowie die Zahl der männlichen Lehrenden erhöht werden. Männer sollten von den Kindergartenträgern offensiv angeworben sowie die Ausbildung auf Hochschulniveau und das Gehalt auf Volksschullehrerniveau angehoben werden.

(APA/red, Foto: APA/APA (Hochmuth))

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