Monoklonaler Antikörper wirksamer als Beta-Interferon bei MS

22. Dezember 2016 - 12:20

Eine Behandlung schubförmiger Multipler Sklerose mit einem monoklonalen Antikörper gegen B-Immunzellen ist wirksamer als die herkömmliche Therapie mit Beta-Interferon. Gleichzeitig wirkt das Medikament offenbar auch bei einer ständig fortschreitenden Erkrankungsform. Dies haben zwei internationale Studien ergeben, die im New England Journal of Medicine publiziert worden sind.

Bei der MS kommt es schubförmig oder permanent infolge einer Autoimmunreaktion zu Entzündungsherden im Gehirn und im Rückenmark. Durch die fehlgeleitete Abwehrreaktion werden die Isolierschichten von Nervenfortsätzen abgebaut. Lähmungserscheinungen sind die Folge. Jetzt hat sich gezeigt, dass das neue Medikament Ocrelizumab dem bereits zugelassenen Medikament Beta-Interferon in der Behandlung der schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose deutlich überlegen ist. Außerdem hat mit Ocrelizumab erstmals überhaupt ein Medikament eine Wirkung in der Behandlung der primär progredienten Multiplen Sklerose erzielt und das Fortschreiten der Behinderung verzögert. Die Ergebnisse international durchgeführter Wirksamkeitsstudien sind nun veröffentlicht worden.

Ocrelizumab ist ein neu entwickelter humanisierter monoklonaler Antikörper, der gezielt die sogenannten CD20-positiven B-Zellen ansteuert, an ihnen bindet und für deren Beseitigung sorgt. Fälschlicherweise im Rahmen der Autoimmunreaktion bei der MS aktivierte B-Zellen spielen in der Krankheitsentstehung offenbar eine wichtige Rolle. In den in mehr als 40 Staaten durchgeführten Phase-III-Studien wurde die Wirksamkeit von Ocrelizumab bei zwei Formen von Multipler Sklerose (MS) untersucht. In die Studien waren jeweils über 700 Patientinnen und Patienten eingeschlossen.

Bei der schubförmigen MS erhielten die Studienteilnehmer alle 24 Wochen intravenös 600 Milligramm Ocrelizumab und dreimal pro Woche ein Scheinmedikament (für das Beta-Interferon) subkutan oder alle 24 Wochen Placebo (für Ocrelizumab) intravenös und dreimal wöchentlich 44 Mikrogramm Interferon β-1A subkutan. In der Studie zur primär progredienten MS wurde die gleiche Dosis Ocrelizumab oder eine Placebo-Infusion verabreicht. Beta-Interferon wird seit mehr als 20 Jahren in der Therapie der schubförmig verlaufenden MS verwendet und verringert die Schubrate um rund ein Drittel. Für die Behandlung der primär progredienten MS, die von Anfang an stetig fortschreitend ohne Schübe verläuft, gibt es bisher keine zugelassene und als wirksam nachgewiesene Therapie.

Schub-Reduktion um 45 Prozent reduziert

Wie die nun publizierten Studienergebnisse zeigen, konnte Ocrelizumab bei der schubförmigen MS im Vergleich zum bereits auf dem Markt erhältlichen Interferon β-1A die Zahl der Schübe um 45 Prozent reduzieren. Außerdem konnte mit der Magnetresonanztomografie festgestellt werden, dass sich die Zahl entzündlicher Herde im Gehirn um über 90 Prozent verringerte.

In der zweiten wissenschaftlichen Untersuchung ging es um die Wirkung des neuen Medikaments bei von Anfang der Erkrankung an fortschreitenden Symptomen (primär progrediente MS). Für diese Form der Multiplen Sklerose existierte bisher keine etablierte und wissenschaftliche belegt wirksame Behandlungsform. Hier zeigte sich im Vergleich zu der Verabreichung eines Scheinmedikaments, dass sich bei den mit Ocrelizumab Behandelten binnen 120 Wochen die Zeit, in der die Patienten eine Wegstrecke von 7,6 Metern zurücklegen konnten, um knapp 40 Prozent verschlechtert hatte, in der Placebo-Gruppe waren es 55 Prozent. Der Anteil der Kranken mit einem nach 24 Woche dokumentierten Fortschreiten der Symptome lag in den beiden Gruppen bei knapp 30 (Ocrelizumab) bzw. knapp 36 Prozent (Placebo).

Die Studien wurden geleitet von Ludwig Kappos von der Universität Basel und Chefarzt Neurologie des Universitätsspitals Basel, Stephen Hauser von der University of California San Francisco und von Xavier Montalban von der Universitat Autonoma de Barcelona. Kappos wurde dazu in einer Aussendung der Baseler Universitätsklinik so zitiert: "Bei der schubförmigen MS ist Ocrelizumab hochwirksam und Interferon β-1A deutlich überlegen. Bei der primär progredienten MS hat mit Ocrelizumab erstmals überhaupt ein Medikament eine Wirkung erzielt und das Fortschreiten der Behinderung verzögert."

(APA/red)

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