Lehrervertreter ad Bildungsreform: "Teufel steckt immer im Detail"

19. Oktober 2016 - 8:42

Der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) ist zwar prinzipiell ein Fan von mehr Schulautonomie, wenn diese Schülern und Lehrern mehr pädagogische Freiheit bringt. Beim am Dienstag präsentierten Reformvorschlag der Regierung zeigt er sich dennoch skeptisch: "Der Teufel steckt immer im Detail", sagt er zur APA. Teile der Reform seien außerdem schon jetzt an vielen Schulen gelebte Praxis.

Um das Schulautonomie-Paket legistisch umzusetzen, sind laut Bildungsministerium Änderungen in 32 Bundesgesetzen und rund 400 Novellierungsanordnungen notwendig. Wegen dieser schieren Menge traut sich Kimberger vorerst auch noch keine Gesamtbewertung der Reform zu. Immerhin habe es in der Vergangenheit immer wieder Sparpakete gegeben, die unter dem Titel Schulautonomie verkauft wurden. Außerdem befürchtet er, dass im Zuge der Reform die Mitbestimmungsrechte der Schulpartner (Schüler-, Eltern-, Lehrervertretung) eingeschränkt werden könnten. So sei es zu wenig, wenn diese etwa bei der Entscheidung über die Klassengröße nur eine Stellungnahme abgeben dürfen.

Gewerkschafter missfällt Mobilitätsanspruch

Der Zusammenschluss von bis zu acht Schulen in einem Cluster mit gemeinsamen Schwerpunkten kann aus Sicht des Vorsitzenden der Pflichtschullehrergewerkschaft und der ARGE Lehrer in der GÖD durchaus sinnvoll sein - "aber das ist immer abhängig von den regionalen Gegebenheiten". Problematisch findet Kimberger auch, dass Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) von den Lehrern in den Clustern "eine gewisse Mobilität" einfordert. Das funktioniere in Ballungsräumen, aber nicht in der Peripherie mit langen Distanzen zwischen den Schulen: "Es kann nicht sein, dass die Lehrer mehr auf der Straße als in den Schulen sind."

Apropos Cluster: Diese sind für Kimberger ohnehin nur dann vorstellbar, wenn die Schulen mehr Unterstützungs- und Supportpersonal erhalten. Schwierigkeiten erwartet sich Kimberger auch bei der Suche nach den Clusterleitern. Schon jetzt gebe es teilweise nicht genug Bewerber für Schulleiterposten, die Clusterleiter müssten laut Reformentwurf aber noch umfassendere Anforderungen erfüllen müssen.

Umsetzung und Evaluierung brauchen Zeit

"Mir ist außerdem noch nicht klar, was das Paket den Kindern und Lehrern bringt", ortet er einen zu großen Schwerpunkt auf der Schulorganisation. Sollte die Reform umgesetzt werden, müsse man den Schulen auf jeden Fall Zeit geben, diese auch umzusetzen und zu schauen, was gut klappt und wo es Änderungsbedarf gibt. "Derzeit sind wir konfrontiert mit einer Reformhysterie. Damit muss dann einmal Schluss sein."

Für den Präsidenten der Industriellenvereinigung (IV), Georg Kapsch, gehen die Vorschläge dagegen "weiter als alles, was wir bisher gesehen haben und entsprechen auch zentralen Forderungen der IV". Mit der Idee der Schulcluster werde ein praktikables Modell für die Umsetzung von Autonomie vor Ort geschaffen - allerdings brauche es "ein verlässliches Anreizsystem für die Schulen, sich tatsächlich in einem Cluster zu organisieren", so Kapsch in einer Aussendung.

Die Arbeiterkammer (AK) reagierte ebenfalls positiv: "Da steckt einiges drin, was uns weiterbringt in Richtung gerechte Chancen auf Bildung", so Präsident Rudi Kaske. Vor allem die Clusterbildung und die erweiterte Schulautonomie seien eine Verbesserung im Vergleich zum Status quo. Wermutstropfen: Nicht enthalten seien Schritte für eine Schulfinanzierung nach sozialen Kriterien mittels eines "Chancenindex".

(APA/red, Bild APA/Hochmuth)

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