Forscherinnen der Uni Graz machen Medikamente alkoholresistent

25. August 2016 - 9:28

Alkohol und Arzneimittel vertragen sich nicht - bisher war das so. Doch Forscher der Universität Graz haben nun Kügelchen mit sogenannten Porenblockern entwickelt. Sie verhindern, dass der Alkohol die Hüllen bei Tabletten, die ihren Inhalt nur nach und nach an den Körper abgegeben sollten, sofort auflösen. Ein neuer Kontrollmechanismus ist damit wieder aktiviert und schützt vor Überdosierung.

Die Entwicklung ist maßgeschneidert für Pharmazeutika, die ihre Wirkstoffe über eine längere Phase abgeben. Sie enthalten im Vergleich zu schnell freisetzenden Präparaten höhere Arzneistoffmengen. Deshalb haben sie eine Art Zeitmesser eingebaut, der kontrolliert, wie, wann und wie lange Wirkstoffe freigesetzt werden. Bestimmte Patienten-Gruppen, wie Personen mit chronischen Schmerzen, Depressionen oder Herz- oder Gefäß-Erkrankungen, benötigen beispielsweise Medikamente, die die Inhaltsstoffe über mehrere Stunden abgeben.

"Wenn diese Mittel mit Alkohol kombiniert werden, könnte es zu einer sofortigen Freisetzung der gesamten Arzneistoffmenge kommen, also zu einer Überdosierung, die schwere gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann. Das betrifft vor allem Substanzen, bei denen die heilsame Dosis nicht weit von der toxischen Menge entfernt liegt", erklärte Eva Roblegg vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz in einer Aussendung.

Gemeinsam mit Simone Eder hat sie ein Medikament entwickelt, bei dem die unkontrollierte Ausschüttung der Wirkstoffe nicht passiert, selbst wenn man dieses mit Alkohol einnimmt. "Gerade für die Therapie von Schmerzpatienten, in der es mitunter zu einem krankheitsbedingten Alkoholmissbrauch kommen kann, ist uns damit ein wichtiger Schritt zu mehr Sicherheit gelungen", so Roblegg.

Ethanol zerstört Schranke

Kontrollmechanismen, die die Abgabe der Inhaltsstoffe von Medikamenten steuern, stecken bisher beispielsweise in Filmüberzügen über Tabletten. "Nimmt man eine Tablette mit Filmüberzug mit Wasser ein, bleibt diese Schranke aufrecht. Zerstört wird sie jedoch durch den in alkoholischen Getränken enthaltenen Ethanol." Das Medikament, das Roblegg und Eder entwickelt haben, verzichtet auf die üblichen Kontrollmechanismen. Stattdessen haben die beiden Arzneistoffkügelchen entworfen, die sie mit Porenblockern ausgestattet haben. "Das sind Substanzen, die weder mit Alkohol noch mit Wasser wechselwirken. Diese Blocker unterbinden die Quellbarkeit der sogenannten Matrix - das heißt, auch wenn die Pellets mit Alkohol kombiniert werden, nimmt das keinen Einfluss auf die gesteuerte Abgabe der Wirkstoffe."

Getestet wurden die Pellets mit Getränken, deren Alkoholgehalt sich zwischen fünf und 40 Prozent bewegte. Die Wissenschafter verwendeten dafür eine spezielle Apparatur, die den Magen-Darm-Trakt simuliert. In einem weiteren Schritt soll untersucht werden, welchen Einfluss Alkohol auf die natürlichen Barrieren des Körpergewebes im Magen-Darm-Trakt hat und wie sich eine eventuelle Veränderung der Barrieren auf die Resorption von Arzneistoffen auswirkt.

Das Projekt wurde im Rahmen von BioTechMed-Graz, der Kooperation von Karl-Franzens-Universität, Med Uni Graz und der TU Graz mit dem Ziel einer gemeinsamen Forschung für Gesundheit, sowie unter Beteiligung des Research Centers Pharmaceutical Engineering auf die Beine gestellt.

(APA/red, Bild APA)

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