Lesen und Schreiben: Experten für Umdenken im Unterricht

13. Juli 2015 - 9:08

Lesen und Schreiben sind durch technologische und soziale Veränderungen einem rasanten Wandel unterzogen. Wie die Schule darauf reagieren kann - darüber beraten von 13. bis 16. Juli mehr als 300 Experten aus über 40 Ländern in Klagenfurt. "Literacy in the New Landscape of Communication: Research, Education, and the Everyday" heißt die internationale Tagung an der Alpen-Adria-Universität.

"Was ist Lesen und Schreiben eigentlich? Ein Ziel der Tagung ist es, dabei ein Umdenken zu erreichen. Es geht uns um stärkere Berücksichtigung von situationsangepasster Kommunikation im Unterricht", erklärt Margit Böck vom Institut für Deutschdidaktik, die Organisatorin der Tagung, im Gespräch mit der APA. "Der Motor, der mich dabei antreibt, ist die soziale Ungleichheit und die Frage: Wie kann man ihr entgegenwirken?"

Die Wissenschafter, Pädagogen, Literaturvermittler und Bibliothekare, die sich in rund 230 Vorträgen, Workshops und Präsentationen austauschen, bringen dabei auch Good-Practice-Beispiele aus vielen Ländern mit. So sei man etwa in Südafrika, Australien, Großbritannien oder Skandinavien in der Sprach-Didaktik deutlich fortschrittlicher, so Böck. "Für uns ist die Tagung gerade angesichts der PISA- und PIRLS-Ergebnisse wichtig, weil wir so Anschluss bekommen können an das, was sich anderswo bei der Gestaltung von Sprach-, Lese- und Schreibunterricht tut. Wir sollten uns fragen: Was werden die Schülerinnen und Schüler brauchen - und wie kann man das vermitteln?"

Smartphones in den Unterricht einbeziehen

Ein Ansatz dabei lautet: Weg vom literarischen Lesen, hin zu einer größeren Vielfalt von Lese- und Schreibsituationen. Proteste, die in einer Veränderung des Literaturunterrichts den Untergang des Abendlandes sehen, hält Böck für überzogen. "Das ist nicht das Um und Auf - und es wäre nicht gut, das Lesen von Literatur gegen anderes auszuspielen." Auf der anderen Seite plädiert sie stark für das Einbeziehen von Handys und Smartphones in den Unterricht. "Es muss darum gehen, neue Hilfs- und Kommunikationsmittel richtig in den Unterricht einzubeziehen und nicht darum, sie zu verbieten." Auch beim positiven Umgang mit unterschiedlichen Herkunftssprachen der Schüler sei man in klassischen Einwanderungsgesellschaften viel weiter als in Österreich. Böck plädiert für ein "Weg mit der Abwehrhaltung!"

Was der Vorsitzenden der "Austrian Literacy Association" (ALA), jedoch zu weit geht, ist ein komplettes Abschaffen der Handschrift im Unterricht, wie es in Finnland gemacht wurde: "Ich bin aus vielen Gründen dagegen: Handschrift hat etwas mit Identität zu tun. Wenn ich etwas mit der Hand mache, dann produziere ich etwas, anstatt bloß etwas auszuwählen, ich aktiviere dabei auch ganz andere Gehirnprozesse. Und es fehlt mir der feste Glaube, dass wir immer in einer Gesellschaft leben werden, die ständig und ausreichend über Strom verfügt." Szenarien, in denen eine Gesellschaft ganz auf Schrift verzichtet und nur noch auf Sprache und Spracherkennungsprogramme setzt, sind für Böck eine Horrorvorstellung.

Lese- und Schreibdidaktik in Volksschulen vernachlässigt

Die meisten Tagungsteilnehmer kommen aus den USA und Kanada, aber auch aus China, Japan, Nigeria, dem Irak oder Kamerun gibt es Anmeldungen. Keynote-Speakers sind die Kanadierin Jennifer Rowsell, eine der Vorreiterinnen einer "multimodalen" Perspektive auf Texte, sowie die Britin Teresa Cremin und die Kanadierin Shelley Stagg Peterson, die sich mit der laut Böck in Österreich vernachlässigten Lese- und Schreibdidaktik in Volksschulen befassen werden. Eröffnet wird die Tagung mit einem Vortrag des Leiters des Musil-Instituts, Fabjan Hafner. Er wird sich mit Kärnten als Region, in der verschiedene Sprachen zusammenkommen, und dem Stellenwert der Literatur in Kärnten befassen.

Die von der 60.000 Mitglieder umfassenden "International Literacy Association" (ILA) gegründete Konferenz findet seit 1981 alle zwei Jahre statt. In Österreich wurde sie bisher ein einziges Mal ausgerichtet, 1983 in Wien. 2013 wurde in

(APA/Red)

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