Uni-Zugang: SPÖ gegen "reflexartiges Einführen neuer Zugangsbeschränkungen"

1. Juni 2015 - 11:49

Gegen ein "reflexartiges Einführen neuer Zugangsbeschränkungen" an den Universitäten spricht sich SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl aus. Die von Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) vorgelegte Evaluierung beruhe auf einem zu geringen Untersuchungszeitraum, so Kuntzl in einer Aussendung. Ablehnung kommt auch von FPÖ und Grünen.

Anders als die jüngste Evaluierung würden andere Studien bzw. Daten sehr wohl zeigen, dass Zugangsbeschränkungen zu einer Verschlechterung der sozialen Durchmischung der Studierenden führen. Besonders deutlich belege das die Medizin, so Kuntzl: "Dort hat sich der Anteil an Studierenden aus AkademikerInnenfamilien deutlich erhöht und ist von rund 40 Prozent vor der Zugangsbeschränkung auf über 50 Prozent gestiegen." Zudem sei der Frauenanteil seit Einführung der Aufnahmetests drastisch gesunken.

"Anstatt den Zugang zu beschränken, Studierende von ihrem Wunsch-Studium abzuhalten und sie mit Eingangsphasen zu schikanieren muss es Ziel sein, die Orientierung und Studienwahl zu verbessern", meinte auch die Grüne Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer in einer Aussendung. "Befremdlich" sei außerdem, dass Mitterlehner Beschränkungen für das Jus-Studium in den Raum stelle, die von den jeweiligen Dekanen ohnehin abgelehnt würden.

Kritik auch von der FPÖ

"In die verkehrte Richtung" geht Mitterlehners Vorstoß auch für FPÖ-Wissenschaftssprecher Andreas Karlsböck. "Statt endlich für eine nachhaltige und faire Studienplatzfinanzierung zu sorgen, schafft man einmal mehr neue Zugangshürden, die wenig treffsicher und mit Ungerechtigkeiten behaftet sind", hieß es in einer Aussendung. Stattdessen solle man mit der EU über Ausgleichszahlungen für ausländische Studenten verhandeln bzw. das vom EuGH aufgehobene Herkunftslandsprinzip wieder einführen, um "Numerus-Clausus-Flüchtlinge" abzuwehren.

Die NEOS hingegen unterstützen den Wissenschaftsminister: "Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Studienplätze ist in einigen Studienfeldern einfach begrenzt. Wenn wir uns zu einer hohen Qualität der Lehre bekennen, müssen wir konsequenterweise auch hier ansetzen", erklärte NEOS-Wissenschaftssprecher Nikolaus Scherak.

In ihren Forderungen bestätigt sieht sich die Industriellenvereinigung (IV) durch die Evaluierungen: "Die Ergebnisse zeigen einmal mehr, dass es endlich einen geregelten Hochschulzugang in Österreich mit einem transparenten und fairen Zugangsmanagement braucht", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. Man unterstütze ausdrücklich Mitterlehners Anliegen, die bestehenden Regelungen fortzuführen und auf weitere Fächer auszuweiten. Ähnlich äußerte sich die Wirtschaftskammer.

Grundsätzliches okay der Rektoren

Grundsätzliche Zustimmung zu einer Aufrechterhaltung bzw. Ausweitung der Zugangsbeschränkungen kommt von der Universitätenkonferenz (uniko): "Alle Unis halten Zugangsregelungen für nötig - in welchem Ausmaß und in welchen Fächern ist aber je nach Standort unterschiedlich", so uniko-Präsident Heinrich Schmidinger zur APA.

Gleichzeitig müsse man aber die Platzbeschränkungen künftig an den Kapazitäten der Universitäten orientieren, betonte Schmidinger. "Wenn dies dann auch noch mit einer echten Studienplatzfinanzierung einherginge, wäre das System stimmig und praktikabel." Derzeit würden als Platzzahl dagegen die durchschnittliche Studentenzahlen der letzten drei Jahre herangezogen - unabhängig von den tatsächlichen Platz- bzw. Ausstattungsverhältnissen.

Grundsätzlich hätten sich die Zugangsbeschränkungen bewährt, meinte der uniko-Präsident: Mit den (von der nunmehrigen Evaluierung allerdings nicht erfassten) Regelungen in Psychologie und Publizistik seien die Überlastungsprobleme an seiner eigenen Universität, der Uni Salzburg, wieder auf ein "bewältigbares Maß" reduziert worden.

Die von Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ins Spiel gebrachten neuen Beschränkungen in Fächern wie Chemie und Jus würden die Unis sehr unterschiedlich sehen: In Salzburg habe man etwa kein Chemie-Studium, in den Rechtswissenschaften sehe er dafür momentan keine Notwendigkeit: "Das kann aber an anderen Unis anders ausschauen", so Schmidinger. Die Unis müssten die Beschränkungen ja auch nicht nutzen, sollten im Bedarfsfall aber die Möglichkeit dazu haben.

Die Studieneingangs- und Orientierungsphase (STEOP) will Schmidinger einer laufenden Evaluierung unterziehen: Hier würden die Unis ständig dazulernen. Generell müsse man sich aber fragen, ob man das Ziel der Selbstorientierung der Studenten nicht schon vor dem Studium angehen sollte: "Aber das ist natürlich ein weites Feld, weil es in die Organisation der Schulen, konkret der Matura-Klassen hineinspielt."

ÖH empört

"Empört" zeigte sich dagegen die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH): Eine soziale Selektion bei den Studenten zeichne sich nur deshalb nicht ab, weil aufgrund der zu geringen Teilnehmerzahlen noch keine Aufnahmeprüfung durchgezogen worden sei, hieß es in einer Aussendung. Bei Fächern wie Medizin, Psychologie und Veterinärmedizin zeichne sich dagegen ein "historischer Tiefpunkt bei der sozialen Durchmischung ab".

"Es ist zu erwarten, dass dies auch bei den neu zugangsbeschränkten Fächern eintreten wird, sobald tatsächlich Tests stattfinden", so die ÖH. Eine Verlängerung oder sogar eine Ausweitung auf die Studienfächer Chemie und Rechtswissenschaften lehne man daher vehement ab.

(APA/red)
 

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