Studie: Es sollte mehr auf hinderliche Lernorientierung geachtet werden

30. März 2015 - 9:13

Wenn Schüler glauben, dass ihr Erfolg großteils eine Frage des Glücks ist und sie selbst kaum Einfluss darauf haben, kann das massive Auswirkungen auf Selbstwert und Lernerfolg haben. Mit solchen "hinderlichen Lernorientierungen" sollten sich Lehrer daher stärker auseinandersetzen, so ein Ergebnis eines an steirischen Neue Mittelschulen (NMS) durchgeführten Forschungsprojekts.

Die zentrale Frage der Untersuchung an elf NMS war, "was Lehrerinnen und Lehrer tun, um Lernkompetenz zu fördern", erklärte Projektteamleiterin Christa Bauer von der Pädagogischen Hochschule (PH) Steiermark der APA. Es habe sich gezeigt, dass autonomer Wissenserwerb an diesen NMS, die das Konzept als jeweils eine der ersten in Österreich mit viel Engagement umgesetzt haben, einen starken Schwerpunkt darstellt. In den Schulen werde das etwa mit "offenem Lernen" im Umfang von zwei bis neun Stunden pro Woche umgesetzt, so Bauer.

Selbstkonzept stärken

Entsprechend verbreitet seien verschiedene Formen des Lernens abseits des Frontalunterrichts, nämlich kooperatives Lernen - also Partner- oder Gruppenarbeit - und verständnisaktivierendes Lernen. Dabei lösen Schüler entweder alleine oder im Team Probleme selbstständig. Die Ergebnisse zeigen nun, dass bei einem stark verständnisorientierten Unterricht das Selbstkonzept der Schüler gestärkt wurde und diese auch ihre Lernumgebung positiver beurteilen. Dagegen führe kooperativer Unterricht nur zu besseren Beurteilungen der Lernumgebung.

Das hat die Forscher aus Graz und ihre Kooperationspartner in Wien und Finnland überrascht. Die positive Auswirkung von verständnisorientiertem Unterricht auf das Selbstkonzept könnte etwa daran liegen, dass "die Schüler dann nicht so mit dem Stoff überfahren werden". Sie würden spüren, dass es den Pädagogen wichtig sei, "dass sie verstehen, worum es da geht", so Bauer.

Als Schlüsselelement für Lernerfolge und Wohlfühlen in der Schule kristallisierte sich die Lernorientierung heraus. Schüler mit förderlicher Lernorientierung stimmen etwa einer Aussage wie "Wenn ich mich anstrenge, kann ich alles lernen" zu, während große Zustimmung zu einer Aussage wie"Erfolg in der Schule ist Glückssache" auf hinderliche Orientierung hinweist. Bauer: "Wenn ich glaube, dass es egal ist, ob ich mich anstrenge - also glaube, ich bin nicht selbstwirksam - ist das das Schlimmste für das Lernen."

Kinder sehen hinderliche Faktoren nicht

Die Kinder selbst schätzen ihre Lernorientierung meist positiv ein. Hinderliche Faktoren wie Versagensängste oder Konzentrationsschwierigkeiten werden weit weniger gesehen. Eine Ausnahme bilden hier Klassen mit hohem Migrantenkinder-Anteil und gleichzeitig bildungsfernen Elternhäusern. Trotz der hohen Wahrnehmung hinderlicher Lernorientierung orientiere sich der Unterricht in diesen Klassen überraschenderweise sogar stärker an förderlicher Orientierung als in Klassen ohne Kinder mit Migrationshintergrund.

Das Stärken förderlicher Einstellungen würden Lehrer sehr gut beherrschen. Es wäre aber wichtig, mehr über die Wirkung hinderlicher Orientierung zu wissen und in Folge mehr darauf einzugehen. Manchen Kindern sollte man etwa besser erklären, warum sie eine schlechtere Note erhalten und was sie tun können, um das durch ihr Handeln zu ändern. Diese Erkenntnisse möchten die Studienautoren auch stärker in die Fort- und Ausbildung einfließen lassen.

Das Konzept der NMS mit ihren zusätzlichen Ressourcen in Form von sechs zusätzlichen, meist für Teamteaching eingesetzten Stunden sei "auf alle Fälle auch eine Chance, in diesem Zusammenhang mehr zu tun", so Bauer. Allein schon durch die Tatsache, dass die Schüler nicht mehr wie in der Hauptschule in Leistungsgruppen auseinanderdividiert werden, werde besser sichtbar, was manche Schüler leisten. Das könnte wiederum andere anspornen.

(APA/red, Bild APA)

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