Viele TU-Wien StudienanfängerInnen ohne notwendige Mathe-Grundfertigkeiten

19. März 2015 - 9:49

Viele Studienanfänger an der Technischen Universität (TU) Wien bringen die nötigen Mathematik-Grundfertigkeiten nicht mehr mit. In den vergangenen zehn bis 15 Jahren seien an den Schulen einige essenzielle Elemente der Ausbildung verloren gegangen, so Vizerektor Adalbert Precht vor Journalisten. "Der Drill und das Trainieren sind weggefallen, weil die Zeit nicht mehr da ist."

Ohne Üben "versickere" aber das vermittelte Wissen wieder. Das betreffe etwa das Umgehen mit Brüchen oder die Kenntnis elementarer Funktionen, meinte Prechtl. Die Uni bietet daher schon seit längerem sogenannte "Brückenkurse" in Mathematik an, um die Studienanfänger wieder auf das nötige Startniveau zu bringen. "Wir geben ihnen damit die Möglichkeit zu üben." Die Kurse werden in Form von Blended Learning organisiert, einem Zusammenspiel aus klassischem Erklären bzw. Üben in Kleingruppen und selbstständigem Lösen von Aufgaben im E-Learning-System der Uni. Von den rund 4.000 Studienanfängern der Uni nehme rund die Hälfte das Angebot in Anspruch, so Prechtl.

Auch Schreibkurse im Angebot

Die "Brückenkurse" sind aber nur ein Beispiel für Good-Practice-Beispiele an den Unis, die die Universitätenkonferenz (uniko) nach den in der Vorwoche von der Hochschulkonferenz erstellten Empfehlungen zur Verbesserung der Qualität in der Lehre präsentierte. So bieten etwa einige Unis "Schreibwerkstätten" für wissenschaftliche Texte an: "Es gibt durchaus nicht wenige Personen, die sich nicht leichttun, wissenschaftliche Arbeiten zu verfassen", so der Vizerektor der Uni Graz und Vorsitzende des uniko-Forums Lehre, Martin Polaschek. Das seien vor allem Berufstätige, die erst nach längerer Zeit wieder in den Uni-Betrieb einsteigen.

Die Universität Wien setzt unter anderem auf die testtheoretische Überprüfung der Aufgaben und die Beratung der Uni-Lehrer bei der Erstellung von Multiple-Choice-Prüfungen. Sie wisse zwar durchaus um die Vorbehalte gegenüber diesem Testformat, so Vizerektorin Christa Schnabl: Sie böten aber den Vorteil, dass einerseits eine große Menge an Studierenden geprüft werden könne und diese die Ergebnisse rasch rückgemeldet bekommen. "Wenn schon Multiple-Choice, dann sollen die Tests gut angelegt sein, damit sie nicht nur stures Auswendiglernen abprüfen."

Didaktische Fähigkeiten auf Prüfstand

Außerdem werde schon im Zuge der Bewerbungsverfahren stärker auf die Lehrkompetenz der Kandidaten geschaut, so Schnabl. "Sie halten nicht nur einen Fachvortrag für die Scientific Community, sondern auch einen zweiten, für den sie ein Basisthema ihres Fachs vorgegeben bekommen und daraus eine Vorlesung für Studierende gestalten müssen."

Die Unis setzen auch auf Self-Assessments, durch die die angehenden Studenten ihre Fähigkeiten und Erwartungen ans Fach abtesten lassen können. Zum Teil sind diese wie an der Uni Wien ein Element eines Aufnahmeverfahrens, zum Teil werden sie auf freiwilliger Basis angeboten. "Wir kommen gar nicht nach, den Bedarf daran zu decken", so Schnabl. Neben den bestehenden in Informatik, Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Statistik, Translationswissenschaft, Biologie, Ernährungswissenschaften, Pharmazie, Englisch und Publizistik plane man nun auch ein Self Assessment für Jus.

Verteidigt wurde von den Vizerektoren die von Studentenseite oft kritisierten "Voraussetzungsketten" - also Lehrveranstaltungen bzw. Prüfungen, deren Bestehen Voraussetzung für das Belegen anderer Lehrveranstaltungen ist. Die Unis hätten nun einmal begrenzte Ressourcen, so Polaschek. Deshalb müssten in manchen Lehrveranstaltungen schon weiter fortgeschrittene Studierende bevorzugt aufgenommen werden, um diesen eine Chance auf einen schnellen Abschluss zu geben. "Natürlich schießen manche Fachvertreter dabei übers Ziel hinaus", konzedierte er. "Aber in manchen Bereichen braucht es eine gewisse Kanalisierung." Ähnlich Prechtl: "Technische Physik geht nicht ohne Mathematik. Eine Voraussetzungskette ist auch ein Schutz der Lehrenden, die im Hörsaal stehen, wo die Hälfte die 'Sprache' nicht versteht."

(APA/red, BIld APA/Dpa/Wolfraum)

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