Arbeitsmarkt: Nachfrage vor allem nach Akademikern, aber auch Geringqualifizierten

14. Januar 2015 - 16:21

Auf dem Arbeitsmarkt werden vor allem Akademiker nachgefragt - aber auch Geringqualifizierte mit nur Pflichtschulabschluss haben zumindest für Hilfstätigkeiten Chancen. Demgegenüber verliert die Zahl der Arbeitsplätze mittlerer Qualifikation (Lehre, Matura, BMS als höchster Abschluss, Anm.) relativ an Bedeutung. Eine kürzlich präsentierte Studie von Wifo und IHS nennt das "job polarization".

"Auch in Österreichs Wirtschaft, in der traditionell ein besonders starker Bestand mittlerer Qualifikationen das Gefüge dominiert, ist das Phänomen der Polarisierung in leichtem Ausmaß wirksam", heißt es in einer Zusammenfassung der von der Arbeiterkammer (AK) beauftragten Studie. "Dabei ist der Trend der Höherqualifizierung stärker ausgeprägt als das Wachstum bei Geringqualifizierten." Die "Polarisierung" werde vermutlich sogar zunehmen, wird an anderer Stelle prognostiziert.

Hochschulabsolvenen profitieren

Vom wirtschaftlichen Strukturwandel (Dienstleistungen gewinnen gegenüber Landwirtschaft und Sachgüterproduktion an Bedeutung) profitieren vor allem die Hochschulabsolventen. In Berufen mit Leitungsfunktionen werden deutlich vermehrt Akademiker beschäftigt, ebenso in naturwissenschaftlichen, technischen und gleichrangigen nicht-technischen. Aber auch Personen mit höchstens Pflichtschulabschluss können einen Beschäftigungszuwächse verzeichnen - allerdings nur für Hilfstätigkeiten: Dort seien die Zuwächse im Bereich der Dienstleistungen allerdings so stark, dass die starken Rückgänge in Produktion und Handwerk "mehr als kompensiert" werden. Geringqualifizierte haben also durchaus Jobchancen - gleichzeitig gilt aber auch, dass ihre Aufstiegsmöglichkeiten im Beruf ohne formale Bildung nur gering sind.

Die Polarisierung bedeutet aber nicht, dass Absolventen mittlerer Qualifikationen generell schlechte Jobaussichten haben. Zwar sinkt die Nachfrage nach klassischen Lehrberufen, gleichzeitig profitieren Lehrabsolventen von der Verschiebung der Bildungsstruktur innerhalb einzelner Berufe. Die Rückgänge in der Sachgüterproduktion gingen zu Lasten klassischer Produktionsberufe - gleichzeitig werden dort aber Dienstleistungs- und Büroberufe verstärkt nachgefragt.

Wettbewerb um die Jungen

Die demografische Entwicklung wird der Studie zufolge zu zwei interessanten Phänomenen führen. Einerseits werde der Wettbewerb um die Jungen "vorgezogen": Künftig buhlen nicht mehr nur die Unternehmen um die Absolventen, sondern die einzelnen Ausbildungswege um die Jugendlichen. Und der zahlenmäßige Rückgang der am Arbeitsmarkt vor allem gefragten jüngeren bzw. mittleren Jahrgänge führt zum Eindruck eines "Fachkräftemangels", den es aufgrund der nach wie vor zur Verfügung stehenden älteren Jahrgänge zumindest vorerst noch nicht unbedingt gibt. Ab 2020 sind die Über-65-Jährigen dann aber tatsächlich die einzige Altersgruppe mit "steigendem quantitativen Potenzial".

Anlässlich einer AK-Veranstaltung zum "Qualifikationsbedarf der Zukunft" plädierte Wifo-Chef Karl Aiginger für eine Schwerpunktsetzung der Bildungsausgaben auf die Schuleingangsphase, hieß es in einer Aussendung. Die Mittel für die Schulen sollten indexbasiert nach sozialen Kriterien vergeben werden. Als Problem ortete er derzeit die "Bildungsvererbung", das schlechte Abschneiden bei Lesetests und den "Mismatch" der Qualifikationen: Derzeit sind 22 Prozent der Erwerbstätigen unter ihrem Bildungsniveau beschäftigt.

Ex-IHS-Chef Christian Keuschnigg verwies darauf, dass Bildungsausgaben das Wachstum der Sozialausgaben bremsen. Die Leiterin des AK-Wien-Bereichs Bildung, Melitta Aschauer, forderte eine Konzentration auf die Senkung der Zahl der Risikoschüler - also jener Jugendlichen, die Gefahr laufen, den Pflichtschulabschluss nicht zu schaffen. Zudem müssten vorrangig die Fachhochschulen ausgebaut werden.

(APA/red, Bild APA/dpa)

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