Studie: Bank-Unternehmenskultur begünstigt unehrliches Verhalten

24. November 2014 - 9:00

Bankangestellte sind zwar nicht unehrlicher als Beschäftigte anderer Branchen. Allerdings begünstigt die Unternehmenskultur in Banken implizit unehrliches Verhalten. Zu diesem Resultat kommt eine im Fachjournal "Nature" veröffentlichte Studie von Wissenschaftern der Uni Zürich, an der auch der österreichische Ökonom Ernst Fehr mitwirkte.

Für ihre Studie führten die Wissenschafter Experimente mit mehr als 200 Bankangestellten durch, davon 128 aus einer internationalen Großbank und 80 aus anderen Banken. Jeder Banker wurde dabei zufällig einer von zwei Gruppen zugeteilt. In der ersten wurde ihnen durch geeignete Fragen ihre berufliche Rolle und die damit verbundenen Verhaltensnormen in Erinnerung gerufen (z.B.: "Welche Funktion haben Sie in der Bank?"). In der Kontrollgruppe wurde den Teilnehmern dagegen ihre außerberufliche Rolle in der Freizeit und die damit verbundenen Normen bewusst gemacht (z.B.: "Wie viele Stunden schauen Sie pro Woche fern?").

Studie fingierte höheres Einkommen

Anschließend nahmen alle Studienteilnehmer an einer Aufgabe teil, bei der sie durch unehrliches Verhalten ihr Einkommen um bis zu 200 US-Dollar (160 Euro) steigern konnten: Sie mussten unbeobachtet zehn Münzwürfe durchführen und anschließend berichten, ob sie Kopf oder Zahl geworfen hatten - wobei sie im Vorhinein wussten, welches Resultat ihnen pro Wurf 20 Dollar einbrachte. Darüber hinaus wurde ihnen gesagt, dass ihre Gewinne nur dann ausbezahlt würden, wenn sie zumindest gleich gute Ergebnisse wie in einer fiktiven Pilotstudie erreichten.

Resultat: Die Bankangestellten, bei denen zuvor die beruflichen Verhaltensnormen aktiviert worden waren, verhielten sich signifikant unehrlicher. Sie berichteten von 58 Prozent "Gewinn-Würfen", während es in der Kontrollgruppe nur knapp 52 Prozent waren.

Anschließend führten die Wissenschafter eine ähnliche Studie mit Mitarbeitern anderer Branchen durch. Im Unterschied zu den Bankern wurden diese aber nicht unehrlicher, wenn ihnen ihre berufsbezogenen Normen in Erinnerung gerufen wurden. Die Resultate in dieser Gruppe waren mit jenem der Banker-Kontrollgruppe vergleichbar - also jener, in der die außerberufliche Rolle der Banker angesprochen wurde.

Mehr Toleranz für unehrliches Verhalten

"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die sozialen Normen in der Bankenindustrie unehrliches Verhalten eher tolerieren und damit zum Reputationsverlust der Banken beitragen", erklärte Michel Marechal vom Institut für Volkswirtschaftslehre in einer Aussendung. Die Forscher empfehlen der Finanzwirtschaft deshalb einen Normenwandel hin zur Förderung moralisch einwandfreien Verhaltens. Sie regen etwa - analog zu den Ärzten - einen professionellen Eid an. Würde ein solcher durch entsprechendes Ethiktraining und passende finanzielle Anreize unterstützt, könnten Bankmitarbeiter dazu gebracht werden, "ihren Fokus stärker auf die langfristigen, gesellschaftlichen Auswirkungen ihres Verhaltens zu legen, anstatt sich auf ihren eigenen, kurzfristigen Nutzen zu konzentrieren".

Die Banker bestätigten damit übrigens eine ohnehin in der Bevölkerung vorherrschende Meinung. Die Forscher befragten in einer weiteren Studie nämlich auch Personen aus der Allgemeinbevölkerung, wie viele "Gewinnwürfe" unterschiedliche Berufsgruppen melden würden. Die Banker wurden dabei mit 64 Prozent "Gewinnwürfen" als unehrlichste Gruppe eingeschätzt. Sogar Gefängnisinsassen kamen nur auf 61 Prozent, Ärzte etwa auf 53 Prozent.

Service: http://dx.doi.org/10.1038/nature13977

(APA/red, BIld APA)
 

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