Plagiate: Grundstein wird schon in Schule gelegt

17. Oktober 2014 - 12:07

Der Grundstein für die Plagiatsproblematik wird nach Ansicht des ehemaligen Vorsitzenden der Agentur für wissenschaftliche Integrität (OeAWI), Christoph Kratky, schon früh gelegt. "Es beginnt schon in der Schule", so Kratky bei einer Tagung zum Thema "Plagiat". "Abschreiben ist ein Kavaliersdelikt - man darf sich nur nicht dabei erwischen lassen."

Der Umgang mit dem Thema habe sich zum Glück aber gewandelt: "Bis vor wenigen Jahren wurde wissenschaftliches Fehlverhalten als etwas angesehen, was einige wenige schwarze Schafe in einer riesigen Herde aus weißen Schafen betrifft - und das im Ausland. Das hat sich mittlerweile geändert."

Den nicht einheitlichen Umgang der Universitäten mit dem Thema bemängelte Anna Gamper, Professorin für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre an der Universität Innsbruck. Manche Unis machten die Einstufung eines Textes als Plagiat davon abhängig, dass dieses vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wurde, andere sehen dies nicht als Voraussetzung. Auch die Frage, wo der schlampige Zitierstil ende und das Plagiat beginne, sei nicht immer klar. "Hier geben die Universitäten oft keine Anhaltspunkte." Einerseits hätten nur wenige Hochschulen zumindest für ihre Studenten Zitierregeln publiziert - und selbst innerhalb dieser gebe es diametrale Unterschiede etwa beim Umgang mit fehlenden Anführungszeichen.

Dehnbarer Begriff

Umso mehr sei die derzeit in Begutachtung befindliche Novelle zum Universitätsgesetz (UG) zu begrüßen, in der erstmals der Plagiatsbegriff im Studienrecht gesetzlich definiert wird, so Gamper. Auch hier gebe es aber noch Klärungsbedarf: So liegt laut Entwurf nur dann ein Plagiat vor, wenn die Quelle nicht "entsprechend" kenntlich gemacht und zitiert wird. "Was heißt 'entsprechend'? Hier könnte es Auffassungsunterschiede zwischen Unis geben. Der Begriff ist sehr dehnbar."

Aber auch im Bereich der wissenschaftlichen Angestellten sieht Gamper Handlungsbedarf. So biete etwa das in der Wissenschaft gebräuchliche "Double Blind Peer Review"-Verfahren eine "besondere Einlasspforte für das Plagiieren". Dabei erhält ein anonymer Gutachter das Manuskript einer wissenschaftlichen Arbeit und entscheidet darüber, ob dieses auch veröffentlicht wird. Damit habe er Zugriff auf die Erkenntnisse und könne gleichzeitig dafür sorgen, dass diese zunächst nicht publiziert werden. "Er kann sich relativ frei bedienen, und es wird aufgrund der Anonymität schwer nachweisbar sein."

Auch die Whistleblower-Regelungen für Plagiate an manchen Unis müssten hinterfragt werden. Oft würden diese Anzeigen auch grundlos erfolgen, trotzdem bleibe etwas hängen. "Die Universitäten haben aber auch eine Schutzpflicht diesen Personen gegenüber."

"Kult der absoluten Fehlerfreiheit"

Vor einem "Kult der absoluten Fehlerfreiheit" warnte Stephan Rixen, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Bayreuth und OeAWI-Mitglied. Mittlerweile gebe es Tendenzen, wissenschaftliche Qualität mit der Vermeidung von Plagiaten gleichzusetzen. Es drohe auch eine Einebnung der Differenz zwischen "Misconduct" (Fehlverhalten) und dem "Honest Error" (Irrtum): "Ohne Plagiate verharmlosen zu wollen - es gibt den Honest Error. Und wer einen solchen begeht, sollte auch keine negativen Konsequenzen daraus haben." In den meisten Staaten sei Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit Voraussetzung für die Einstufung als wissenschaftliches Fehlverhalten.

Änderungsbedarf sieht Rixen auch bei den Konsequenzen eines Plagiats. "Dieses starre Schwarz-Weiß-Denken fasst das Problem nicht, davon müssen wir weg." Derzeit gebe es nur die Möglichkeit des Titelentzugs oder eben des Absehens davon. "Nötig sind aber auch Zwischenlösungen wie Nachbesserungen oder ein förmlicher Tadel."

(APA/red, Bild APA)

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