Mehr Krankenstände bedingt durch Suizidversuche

8. September 2014 - 13:23

An sich haben psychisch Kranke schon sehr hohes Risiko, arbeitslos zu werden, für Langzeit-Krankenstände und Invaliditäts-Pensionierung. Suizidversuche aber erhöhen die Häufigkeit von Langzeit-Krankenständen und Pensionierung noch einmal. Das hat eine Studie mit schwedischen Daten ergeben, die Wiener und schwedische Wissenschafter durchgeführt haben.


Augewertet wurden nur Suizidversuche mit nachfolgendem Spitalsaufenthalt

Für die Untersuchung mit Erstautor Thomas Niederkrotenthaler von MedUni Wien (Institut für Sozialmedizin) wurden gemeinsam mit dem Karolinska Institut in Stockholm die Daten von 1,6 Millionen Schweden analysiert, die im Jahr 1994 16 bis 30 Jahre alt waren. Dabei wurden Spitalsaufenthalte nach Suizidversuchen in den vorangegangenen drei Jahren (1992 bis 1994) als Parameter für einen Vergleich mit einer "Allgemeinbevölkerung" der selben Altersgruppe ohne Suizidversuche (zwischen 1973 und 2010) herangezogen. Auch in der Vergleichsgruppe handelte es sich um rund 1,6 Millionen Menschen.

Längere Arbeitslosigkeit

Aus beiden Gruppen wurde die Rate an Langzeitarbeitslosigkeit (mehr als 180 Tage), Langzeit-Krankenständen (mehr als 90 Tage) und Pensionierung wegen Invalidität im Zeitraum zwischen 1995 und 2010 verglichen. Die primären Ergebnisse: Personen mit einem Suizidversuch hatten ein um den Faktor 1,6 erhöhtes Risiko für längere Arbeitslosigkeit, bei den langen Krankenständen stieg die Häufigkeit um den Faktor 2,16 und bei den Invaliditätspensionen fast um den Faktor 4,6.

Freilich, es gibt Einschränkungen für die Aussagekraft der Studie. So konnten nur Suizidversuche mit nachfolgendem Spitalsaufenthalt ausgewertet werden. Weiters ist ein hoher Anteil von Suizidalität auf psychische Erkrankungen zurückzuführen. Die Betroffenen weisen aber an sich schon ein wesentlich gesteigertes Risiko für die sozioökonomischen Folgen auf.

Niederkrotenthaler und die Co-Autoren - so der Wiener Wissenschafter gegenüber der APA - fanden in der Gruppe der psychisch Kranken mit einem Suizidversuche im Vergleich zu Personen mit psychischer Erkrankung ohne Suizidversuch ein noch einmal erhöhtes Risiko: Sie waren noch einmal doppelt so häufig von Langzeitkrankenständen betroffen und kamen etwa fünf Mal öfter in Invaliditätspension. Keine wirklich gut erkennbare zusätzliche Auswirkung gab es hier auf Langzeitarbeitslosigkeit.

Auch hier hat die Aussagekraft der Studie Einschränkungen: So wurden als psychisch krank nur Personen klassifiziert, die sich deshalb in Spitalsbehandlung begeben hatten müssen. Ein Großteil der Menschen mit psychischen Erkrankungen werden allerdings ambulant (niedergelassene Ärzte oder ambulante Einrichtungen) versorgt.

Lange Leidensphase

"Suizid geht meist mit einer langen Leidensphase des Betroffenen einher. Aufklärung und eine gesellschaftliche Sensibilisierung für das Thema sowie ein niederschwelligerer Zugang zu Beratungs- und Hilfsangeboten würden schon viel bewirken", erklärte am Montag in einer Aussendung der oberösterreichische Psychiater Werner Schöny, Präsident von pro mente Österreich.

In Österreich werden pro Jahr wesentlich mehr Todesopfer durch Suizid als durch Verkehrsunfälle registriert. Im Jahr 2012 waren es 1.275 registrierte Fälle. Die Häufigkeit ist in den vergangenen beiden Jahrzehnten deutlich gesunken. Österreich liegt in internationalen Vergleichen laut der Organisation aber immer noch über dem Durchschnitt. Am kommenden Mittwoch (10. September) wird international der Welt-Suizidpräventionstag mit entsprechenden Kampagnen organisiert.

(APA/red, Bild APA)

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