"Schrödinger-Katze" bisher unerreichter Größe erzeugt

29. September 2013 - 14:45

Eine "Schrödinger-Katze" bisher unerreichter Größe konnten Physiker der Unis Yale und Innsbruck erzeugen und diesen Zustand als Quantenspeicher nutzen. Es gelang ihnen, Quanteninformation in ein Ensemble von mehr als 100 verschränkten Photonen einzuschreiben. Die in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlichte Methode könnte die Grundlage für eine neue Form von Quantenspeichern darstellen.

Bereits im Frühjahr berichtete Gerhard Kirchmair, der zu dieser Zeit von der Yale University (US-Bundesstaat Connecticut) an die Uni Innsbruck und das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) wechselte, in "Nature" von der Möglichkeit, Mikrowellen-Photonen als Quantenspeicher zu nutzen. Nun haben der österreichische Physiker und seine Kollegen die Methode weiter verfeinert. Die empfindlichen "Schrödinger-Katzen" sind nun besonders stabil und lassen sich einfach und ohne hohen experimentellen Aufwand erzeugen, wie Kirchmair im Gespräch mit der APA sagte.

Bei der "Schrödinger-Katze" handelt es sich um ein Gedankenexperiment des österreichischen Physikers Erwin Schrödinger (1887-1961), um den besonderen Quantenzustand der Überlagerung mit Hilfe eines makroskopischen Objekts - einer Katze - zu beschreiben. Die Überlagerung bei Schrödingers Katze besteht darin, dass man nicht weiß, ob sie lebendig oder tot ist. Ebenso wenig weiß man in dem Experiment der US- und Innsbrucker Physiker über das elektrische Feld der Photonen Bescheid, es zeigt gleichzeitig in zwei oder mehrere Richtungen.

"Qubit" statt 0 und 1

Diese Schwebezustände zwischen zwei Möglichkeiten bilden das zentrale Element in einem künftigen Quantencomputer. Im Gegensatz zum Bit, der kleinsten Informationseinheit in der klassischen Informationstechnologie, die zwei Zustände (Ja/Nein oder 0/1) einnehmen kann, sollen beim Quantencomputer solche Quantenzustände als kleinste Einheit dienen, genannt Quantenbit (Qubit). Aufgrund dieser Überlagerung könnte man mit mehreren Qubits bestimmte Probleme wesentlich schneller lösen als in einem klassischen Computer.

Bei der Speicherung stellt allerdings die fragile Natur der Quanteninformation die Forscher vor Probleme. Photonen würden sich als Speicher gut eignen, da die Lichtteilchen nur sehr schwach mit ihrer Umgebung wechselwirken und die eingeschriebene Information deshalb geschützt ist.

100 Photonen große "Schrödinger-Katze"

Für ihr Experiment schließen die Wissenschafter Mikrowellen-Photonen in einen kleinen Hohlraum aus supraleitendem Aluminium mit stark reflektierenden Wänden ein - die Forscher nennen dies einen "Hohlraumresonator". Die Physiker schaffen es, mehr als 100 Photonen in einen quantenmechanischen Überlagerungszustand zu versetzen, diesen zu messen und zu kontrollieren. Die Photonen verhalten sich dabei wie eine einzige große "Schrödinger-Katze" - in einer Größe, wie sie bisher noch nicht erzeugt wurde.

Grundsätzlich würden bereits vier bis zehn Lichtteilchen für einen robusten Speicher eines Quantenzustands reichen. "100 Photonen zu verwenden, ist eher eine Sache der Machbarkeit, damit wollen wir zeigen, wie gut wir das System unter Kontrolle haben", so Kirchmair.

Eingeschrieben wird die Quanteninformation in die Photonen über ein supraleitendes Qubit, das mit den Photonen gekoppelt wird. Realisiert wird das Qubit über einen sogenannten Josephon-Kontakt, zwei Supraleiter, die durch eine dünne Isolierschicht getrennt sind. Der Vorteil solch supraleitender Qubits gegenüber Qubits in Atomen und Ionen ist, dass ihre Eigenschaften durch die Fertigung der supraleitenden Nano- und Mikrostrukturen beliebig verändert und angepasst werden können.

Wenn man die besten Speicherzeiten für Mikrowellen-Photonen (derzeit 100 Millisekunden, erzielt vom Physik-Nobelpreisträger 2012, Serge Haroche) auch mit supraleitenden Qubits umsetzen könne, dann sei man bereits auf einer Zeitskala, die für den Bau eines einfachen Quantencomputers ausreichend sei, sagte der Physiker, der in dem konkreten Experiment Speicherzeiten von einigen Dutzend Mikrosekunden erreicht (APA/red, Bild APA/IQOQI/Knabl).

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