12% der Studierenden leiden an Behinderung oder chronischer, psychischer oder sonstiger Erkrankung

3. Dezember 2012 - 8:32

Zwölf Prozent der Studenten an Unis, Fachhochschulen (FH) und Pädagogischen Hochschulen (PH) leiden nach eigenen Angaben unter einer Behinderung oder einer chronischen, psychischen oder sonstigen Erkrankung, die sie im Studium erheblich einschränkt. Das zeigt eine Online-Befragung unter 44.000 der insgesamt 300.100 Studenten, die das Institut für Höhere Studien (IHS) 2011 durchgeführt hat. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (V) betonte bei der Präsentation der Studie, dass die Unis bereits viel unternehmen, um Hürden abzubauen, aber "es gibt noch viel zu tun".



Den weitaus größten Anteil unter den hochgerechnet 36.490 Studenten mit Behinderung oder Beeinträchtigung machen mit 30,5 Prozent jene aus, die eine psychische Beeinträchtigung - am häufigsten Depressionen oder Angststörungen - angeben. Rund 24,6 Prozent ordnen sich der Gruppe mit chronisch-somatischen Beeinträchtigungen zu (Magen-/Darmerkrankungen, chronische Schmerzen), 11,9 Prozent geben Mehrfachbeeinträchtigungen an, 10,3 Prozent leiden unter Allergien oder Atemwegserkrankungen. 6,9 Prozent gaben andere Beeinträchtigungen wie Tumore an.

Behindertenanteil relativ gering


Einen relativ geringen Anteil machen Studenten mit Behinderungen aus, insgesamt sind es laut Befragung 0,9 Prozent aller Studenten (hochgerechnet 2.700 Personen). Unter den Beeinträchtigten sind es ebenfalls wenige, die eine Mobilitäts- oder motorische Beeinträchtigung (4,8 Prozent), Sehbeeinträchtigung (4 Prozent) oder Hör-/Sprachbeeinträchtigung (2,8 Prozent) haben. Auch Teilleistungsstörungen wie Legasthenie kommen relativ selten vor (4,2 Prozent).

Insgesamt ist der Anteil an Studenten, die sich als behindert oder beeinträchtigt bezeichnen, im Vergleich zur letzten Erhebung 2009 leicht gesunken. Im Schnitt entspricht er laut Studienautor Martin Unger der Verteilung in der Gesamtbevölkerung.

Töchterle hob bestehende Angebote wie die an 17 der 21 Unis vorhandenen Behindertenbeauftragten, Baumaßnahmen, Blindenleitsysteme oder spezielle Bildschirme hervor. Zusätzliches Geld gebe es für die Unis für solche Maßnahmen nicht, betonte er. Diese seien gesetzlich bzw. durch die Leistungsvereinbarungen verpflichtet, etwa bei mehr als 50-prozentiger Behinderung Studiengebühren zu erlassen, Maßnahmen für Barrierefreiheit zu setzen oder andere Arten der Prüfung anzubieten und so Einschränkungen im Studium so gering wie möglich zu halten.

Zusätzliches Geld gibt es für spezielle Projekte wie GESTU an der Technischen Uni Wien, bei dem Gehörlose bei der Organisation von Gebärdendolmetschern oder Mitschreibhilfen unterstützt werden, sowie für die österreichweit sechs Standorte der psychologischen Studentenberatung.

Zunahme an Hilfesuchenden

Psychische Beeinträchtigungen seien jene, die den Studienfortschritt am stärksten hemmen, verwies der Leiter des Wiener Standorts, Franz Oberlehner, auf Ergebnisse der Befragung. Er registriert eine Zunahme an Hilfesuchenden, die sich nicht wegen Studien-, sondern persönlichen Problemen an die Beratungsstelle wenden. Zwischen 2005 und 2011 sei die Zahl um 48 Prozent gestiegen. "Das zeigt, wie akut die Problematik ist". Während Studienprobleme wie Prüfungsangst oder Schreibblockaden direkt vor Ort gelöst werden, werden Studenten, die Psychotherapie benötigen, an niedergelassene Psychotherapeuten weiterverwiesen. Dabei sei man in Wien mit Kassenplätzen "sicherlich unterversorgt". Manche Studenten würden mittlerweile auch auf die Psychologische Studentenberatung ausweichen, weil sie keinen Termin bei niedergelassenen Psychiatern bekämen.

Für Unger sind aber nicht nur fehlende Angebote ein Problem, sondern dass bestehende nicht ausreichend genutzt würden - entweder mangels Kenntnis von Stellen wie den Behindertenbeauftragten oder aus Angst vor Stigmatisierung. Immerhin gaben drei Viertel der Betroffenen an, dass sie nicht wollen, dass jemand von ihrer Behinderung oder Beeinträchtigung erfährt.

Erstmals durchgeführt wurde 2011 auch eine Erhebung zur Arbeitsmarktsituation von Akademikern mit Behinderung oder Beeinträchtigung. Dabei zeigte sich, dass diese zwar seltener arbeitslos werden als Geringqualifizierte, dass sie aber häufiger nicht entsprechend dem Niveau ihrer Ausbildung eingesetzt werden. Laut Wolfgang Nowak von Uniability, einer Arbeitsgemeinschaft zur Gleichstellung dieser Gruppe an den Hochschulen, gibt es in diesem Bereich auch an den Unis selbst "sehr großen Handlungsbedarf".

Weiterführende Informationen unter:
http://ww2.sozialerhebung.at/Ergebnisse/PDF/IHS_Studierende_mit_Behinderung_2011_quantitativer_Teilbericht.pdf

(APA/red, Bild APA).

tutor18

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